Gedanken zum Reformationstag, den 31. Oktober 2020

von Pfarrer Dr. Friedrich Christoph Ilgner

Wer  Schloss und Burg Colditz in unserer sächsischen Heimat besucht, hat etwa das vor Augen, was Martin Luther meinte, als er den Psalm 46 nachdichtete. Diese Burg, auf einem steilen Bergsporn erbaut, hat ihr heutiges Aussehen weitgehend zu Luthers Lebzeiten erhalten. Kurfürst Friedrich der Weise, der seine schützende Hand über den jungen Luther gehalten hat - ohne ihn wäre die Reformation sofort im Keim erstickt worden -, hat sie in der 1520er Jahren im Stil der Frührenaissance in ihrer heutigen Gestalt errichten lassen und als luxuriöses Jagdschloss bewohnt.

 

Als Luther  1529 "Ein feste Burg ist unser Gott" dichtete, entstand eines der wirkmächtigsten Lieder der Weltgeschichte. Wie kein zweites steht es so eng mit der Reformation in Verbindung, dass es (im Unterschied zu anderen Lutherliedern) zu keinem Zeitpunkt in irgendeinem römisch-katholischen Gesangbuch gestanden hat. Das ist fast schade. Denn entgegen landläufiger Meinung setzt es gar nicht auf die kämpferische Gegnerschaft gegen die Katholiken.

 

Dennoch ist das Lied kämpferisch, sowohl seinem Text als auch seiner ursprünglichen Melodie nach. Die hat etwas herrlich Trotziges, Vorwärtsdrängendes und Treibendes. Aber das Lied schildert nicht den Kampf der angefochtenen Christenheit, sondern den Kampf des dreieinigen Gottes für seine geplagten Gläubigen. Und das ist ein Unterschied. Die eigentliche Spitzenaussage des Liedes ist, dass Gott selbst zur Verteidigung der Seinen schreitet, denn von uns Menschen gilt: "mit unserer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren."

 

Ähnlich wie der Psalm 46 wird also die tätige Hilfe Gottes besungen, die inmitten der erbärmlichen Furcht des Christenmenschen Hilfe verheißt. Das ist zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit entsprechend ausgeführt:

 

Gott ist die Burg. Er ist ein Schutzraum. Wer sich ihm anvertraut, ist in Sicherheit und vor Übergriffigkeiten der Feinde geschützt.

 

Christus erscheint als Kämpfer. Er steht am Ende als Sieger da. Der "altböse Feind" wird es nicht hindern können, er tobe wie er wolle.

 

Das göttliche Geist tritt als vollmächtiges Wort hervor: Es gleicht einer Waffe, die den feindlichen Anschlägen wirkungsvoll begegnet. Es steht ohne zu wanken. Mit ihm schenken sich die vielfältigen Gaben der geistlichen Vollmacht.

 

Was bleibt am Ende? "Das Reich muss uns doch bleiben.“ Des Christen Herz soll sich darauf verlassen, dass das ganze Leben auf das Reich Gottes zuläuft. Wir bleiben unterwegs auf einem gefahrvollen Weg, der uns mit Gottes Hilfe zum Ziele führt. 

 

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019