Gedanken zur Tageslosung am Montag, den 22. Juni 2020

von Pfarrer Dr. Friedrich Christoph Ilgner

"Du krönst das Jahr mit deinem Gut." Ps 65,12

 

"Ich wünsche dir alles Gute!"  Diese Formulierung ist sehr verbreitet, vor allem als Geburtstagswunsch. Ich muss immer schmunzeln, wenn ich sie höre. In meiner Kindheit wohnte in der Nachbarschaft ein alter Herr. Er war häufig auf der Straße zu sehen, wenn er spazieren ging. Ein hagerer Mann mit Baskenmütze und Krückstock. Er blickte freundlich drein. Das war der alte Ratsarchivar Haupt. Der Vater kannte ihn gut. Dieser Herr pflegte, wenn ihm jemand "alles Gute" wünschte zu antworten: "Oh, alles Gute ist zu viel für mich Das halte ich nicht aus. Ein bisschen davon genügt mir auch schon!" Er hatte natürlich Recht damit, denn wir können für die Erfüllung dieses Wunsches nicht gerade stehen. Wir sprechen ihn eher gedankenlos vor uns hin.

 

Der Juni geht auf's Ende, das Jahr steht auf der Höhe. Die erste Hälfte ist so gut wie vorüber. Wir können schon etwas zurückblicken auf die erste Hälfte. Was hat sie bisher gebracht? Die Zeit verrinnt so schnell und unwiederbringlich. Wohl dem, der ein Tagebuch führt oder wenigstens in seinem Kalender wichtige Termine vermerkt. Da kommt man noch etwas nach.

 

Als kleine Hausaufgabe zur Besinnung: Ein oder zwei einschneidende Ereignisse für jeden Monat: Januar, Februar, März ... Nicht nur die große Politik, sondern eher Persönliches. Entsteht ein kleiner Katalog von Begebnissen, Erfahrungen und Stimmungen? Lässt sich vielleicht ein Gebet daraus formulieren in Dank, Bitte und Fürbitte? Es wäre ein guter Moment dafür. Tu es.

 

Die andere Hälfte des Jahres liegt noch vor uns. Da kommt noch etwas nach. Was wird es sein? Halb bang, halb froh, halb besorgt, halb erwartungsvoll. Hoffentlich gibt Gott seinen Segen dazu.

 

Ja, wir erwarten von Gott "alles Gute". Das zeichnet den christlichen Glauben aus. Was für ein verwegener Glaube, der von Gott tatsächlich und buchstäblich "alles Gute" erwartet. Im Unterschied zu uns kann Gott dafür gerade stehen. Er tue es.

 

Es ist eine überaus schöne Formulierung, dass er das Jahr kröne, ihm also eine Krone aufsetze. Man stelle sich vor, das Jahr gliche einer Krone, in der allerlei Edelgestein funkelt in allen Farben des Regenbogens. Auch in den eher dunklen glimmt ein geheimes Feuer.

 

Wie sieht die Krone halbfertig aus? Wie wird sie wohl aussehen, wenn das Jahr zu Ende gegangen sein wird? Wir werden sehen. Eins bitte ich nicht zu vergessen: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will ..." (Bonnhoeffer)

 

"Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von ober herab, von dem Vater des Lichts." Jak 1,17

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019