Gedanken zur Tageslosung am Freitag, den 22. Mai 2020

"Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn und mein liebes Kind? Denn sooft ich ihm auch drohe, muss ich doch seiner gedenken; darum bricht mir mein Herz, dass ich mich seiner erbarmen muss, spricht der HERR." Jer 31,20

 

Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und populärwissenschaftlicher Autor, ist ein erbitterter Feind Gottes und aller Religion, natürlich auch des Christentums. Entsprechend harsch fällt seine Beschreibung aus: „Der Gott des Alten Testaments ist die unangenehmste Gestalt der gesamten Dichtung: eifersüchtig und auch noch stolz darauf; ein kleinlicher, ungerechter, nachtragender Überwachungsfanatiker; ein rachsüchtiger, blutrünstiger ethnischer Säuberer; ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, Kinder und Völker mordender, ekliger, größenwahnsinniger, sadomasochistischer, launisch-boshafter Tyrann."(Richard Dawkins, Der Gotteswahn, Berlin 2007, S. 45)

 

Jeremia lässt Gott mit den Worten unserer Tageslosung sprechen: "Ist nicht Ephraim ... mein liebes Kind? ... darum bricht mir mein Herz, dass ich mich seiner erbarmen muss."

 

Ephraim und Manasse sind die Söhne von Joseph. Joseph ist der 11. Sohn Jakobs, den der Hass seiner Brüder einstmals als Sklave nach Ägypten verschlagen hatte. Ein Leben voller Abenteuer.

 

Insgesamt führt sich das gesamte Volk der Israeliten auf alle 12 Söhne Jakobs zurück; den Stamm "Joseph" gibt es sozusagen doppelt. Das muss so sein, weil die Nachfahren des Levi kein eigenes Siedlungsgebiet haben, sondern als Geistliche im Lande verstreut leben. Ihre Aufgabe ist es, an Jahwe, den Gott Israels, den Vater aller Nachfahren Jakobs, zu erinnern und zu mahnen.

 

Im Sprachgebrauch des Jeremia steht Ephraim als Teil für's Ganze, ähnlich unserem Sprachgebrauch "pro Nase", aber wir meinen natürlich den ganzen Menschen.

 

Selbstverständlich führte Jesus seine Abstammung auch auf einen Jakobssohn zurück, nämlich auf Juda. Und Paulus auf Benjamin ...

 

Es wimmelt von Namen und Vater-Kind-Beziehungen im Alten Testament. Jeder hat seine Kindschaft hin zu Jakob und darüber hinaus zu Isaak und Abraham. Abraham ist der fromme Stammvater, von dem es heißt: Alle Geschlechter der Erde sollen in ihm gesegnet sein. So lautete einst die Verheißung Gottes.

 

Aufgrund dieser Verheißung betrachten sich die Christen als Hinzugekommene auch zum auserwählten Volk Gottes gehörig. Sie fassen Gott als Vater auf und sprechen: "Vater unser im Himmel ..."

 

Dass Gott ein Vater sei, streng in seinem Gesetz (vgl. Gal 3,19-25), aber voller Hinwendung und Liebe zu seinen Kindern, ist der Kern der Verkündigung Jesu. Darum erzählt er im Gleichnis: "Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn." Lk 15,20

 

Berühmt geworden sind auch die Worte einer Predigt Martin Luthers vom 15. März 1522: "Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der da reichet von der Erde bis an den Himmel." (WA 10,III,55-58)

 

Jeder entscheide selbst, ob der Herr Dawkins recht gesprochen hat.

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019