Nächtliche Stille vor Weihnachten

Die dreifache Geburt Christi

Da alles stille war und ruhte, und eben erst recht Mitternacht war, fuhr dein allmächtiges Wort herab vom Himmel aus königlichem Thron. (Weist 18,14f.)

Die Kirche hat dieses Wort aus dem Buch der Weisheit der Weihnacht zugeordnet. Es meint Christus, das Wort, der wie ein Strahl aus dem Himmel, die Dunkelheit erhellt.

Es ist ihr sehr wichtig, dass, sucht man das Weihnachtsfest umfassend zu verstehen, man seine kosmische Dimension sehen muss. Dazu dient das Bild des die Dunkelheit erhellenden Lichtes. Es geht um die Dunkelheit, die mich umgibt - oder gar in mir ist. Und es geht darum, dass Gott mich ins Licht setzt.

Die deutsche Sprache kann Dunkelheit und Finsternis unterscheiden. Der große Bischof Stählin (Quatember, Von Leid und Trost, 1942), macht darauf aufmerksam,dass diese Worte eine leicht differierende Bedeutunghaben in unserem Sprachgebrauch. Finsternis, sagt er, sei „des Lichtes Widerspiel und Feind“, das Dunkel aber „der nächtliche Schoß, aus dem das Licht geboren wird.“ Natürlicherweise denken wir, es sei unser schweres Menschenschicksal und Leiden nichts als Finsternis, in der das Licht der Freude ausgelöscht und verschlungen ist“. Aber im Glauben verhält es sich anders. Hier wird die Stunde des Schmerzes „zum nächtlichen Dunkel, das in sich noch verborgen das Licht und den Segen eines neuen Lebenstages trägt.“

Halten wir fest: Das Dunkel der Welt ist uns keine Finsternis, sondern der Ort, in den hinein das Licht fallen soll.

Nach einer alten Deutung des Weihnachtsfestes kann man von einer dreifachen Geburt Jesu zu Weihnachten reden. Da ist zunächst die Geburt durch die Jungfrau Maria, in Bethlehem, von der das Lukasevangelium so plastisch erzählt. Sodann aber kann auch von der Geburt des eingeborenen Sohnes in göttlicher Wesenheit geredet werden. Der himmlische Vater läßt Christus in Unterscheidung seiner Person geboren werden. Weihnachten feiert die Geburt des Gottessohnes. Schließlich gibt es eine dritte Geburt: Gott lässt Christus täglich neu in meiner Seele geboren sein, auf dass er ein Teil von mir sei und bleibe.

Diese dreifache Geburt Christi klingt auch bei Martin Luther an: „Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren, sein mein Herr.“ (Martin Luther, Kleiner Katechismus, Erklärung zum 1. Glaubensartikel)

Dass Christus von Maria geboren ist, ist unstrittig, leicht zu fassen und jedermann einleuchtend. Dazu braucht es keinen Glauben. Dass er in Ewigkeit von Gott geboren und sein Sohn sei, in dem wir Zugang zu Gott selbst haben, ist nur im Glauben zu fassen. Das klingt der Vernunft sehr schwierig. Die dritte Geburt nun, dass Weihnachten und die Geburt des göttlichen Sohnes etwas mit mir ganz persönlich zu tun hat, das ist bei uns ganz oft verschüttet.

Da gilt es neu in die nächtliche Stille zu lauschen: „Da alles stille war und ruhte ...“ Ob es wohl möglich wird, in der allgemeinen Geschäftigkeit des Weihnachtstrubels das Wort Gottes, die Geburt Jesu, in mir wahrzunehmen?Ob ich wohl die Stille finde, die nötig ist, um ihn reden zuhören? Dass ich neu für mich erkenne, dass er sich selbst als Heil und Heiland schenkt? Dass in ihm alle Einsamkeit und Verlassenheit nicht Bestand hat? Dass er als etwas Neues und Lebendiges in meine Seele tritt? Denn der Gott, den die Kirche seit Anbeginn verkündigt, ist einer, der nicht bei sich selbst bleibt, sondern sich mitteilt, kommt, spricht, erleuchtet und befreit. Weihnachtstrubels das Wort Gottes, die Geburt Jesu, in mir wahrzunehmen?Ob ich wohl die Stille finde, die nötig ist, um ihn redenzu hören? Dass ich neu für mich erkenne, dass er sich selbst als Heil und Heiland schenkt? Dass in ihm alle Einsamkeit und Verlassenheit nicht Bestand hat? Dass er als etwas Neues und Lebendiges in meine Seele tritt? Denn der Gott, den die Kirche seit Anbeginn verkündigt, ist einer, der nicht bei sich selbst bleibt, sondern sich mitteilt, kommt, spricht, erleuchtet und befreit.

Ihr Pfarrer Ilgner 

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Dezember 2018/Januar 2019